Julia Eisentraut: "Es gibt kein weiter so"

Oerlinghausen. Das Haus ist innen noch eine Baustelle, ein Foto von außen geht schon, aber das Internet vergisst nicht, also soll das Zuhause von Julia Eisentraut nicht genau für jedermann zu verorten sein. Dann geht es flotten Schrittes in den Wald – ein passender Ort, um mit der Bürgermeisterkandidatin der Grünen über Persönliches zu reden.

Die Oerlinghauserin ist im wahrsten Sinn des Wortes schnell: Sie hat bereits mit 16 begonnen zu studieren, mit 22 hatte sie ihren Master in der Tasche. Das sei in ihrer Schulzeit in Bezug auf ihre Mitschüler nicht ganz einfach gewesen. &bdquo;Es ist mir wichtig, dass ich für andere einstehe. Ich war oft Schlichterin." Die Informatikerin schreibt derzeit ihre Doktorarbeit. Sie leitet außerdem Kurse, Seminare, engagiert sich in der Hochbegabtenförderung – kein Zweifel: Sie ist strukturiert, und was sie anfängt, das führt sie auch zu Ende.

Die Coronakrise hat ihren Entschluss befördert, ihren Hut in den Ring zu werfen. &bdquo;Es ist die letzte Wahl, mit der wir was in die richtige Richtung bewegen können", sagt die 27-Jährige. Das Klimaziel hat sie im Blick, die 1,5 Grad, die Frage, ob die Erderwärmung aufzuhalten ist, ob es eine Zukunft für die Menschen gibt oder nicht. Jetzt ist es nicht die ganz große Politik, die sie anstrebt. &bdquo;Wir können viel vor Ort tun. In der Kommunalpolitik kann man schneller etwas bewegen." Und sie ist Teamarbeit, ist Julia Eisentraut überzeugt. &bdquo;Man kann gut zu einem Konsens kommen."

Fan des Konstruktivismus Verwaltung könne gestalten, Ideen ausarbeiten – wenn sie ausreichend Personal habe. Und sie, die gerne Leitungsfunktionen übernimmt, hat eine besondere Herangehensweise. Julia Eisentraut ist Fan des Konstruktivismus. Wissen, davon ist sie überzeugt, kann nicht einfach von einer Person auf die andere übertragen werden.

&bdquo;Jeder konstruiert sich anhand der Informationen sein persönliches und individuelles Abbild der Realität – abhängig von seinem Lebensweg und seiner Lebenssituation. Gute Kommunikation ist deshalb sehr wichtig, zuhören, und sehen, wo man andere in ihren Stärken fördern und sie motivieren kann", sagt Eisentraut.

Kurz gefragt Als Bürgermeisterkandidatin geht es weniger wissenschaftlich zu, wenn sie anderen begegnet. Es geht um Probleme vor Ort, um Ideen der Einzelhändler, wie man die Bergstadt attraktiver machen kann, um die Schulen und die Ausstattung, die Julia Eisentraut gerne verbessern möchte. Die Coronakrise habe der digitalen Entwicklung in vielen Bereichen einen großen Schub versetzt. &bdquo;Wir sehen, was die Gesellschaft in der Krise leisten kann." Überrascht habe es sie, dass es keine Krisenpläne gegeben hat. &bdquo;Es gab SARS, MERS, die Schweinegrippe – da hatten wir einfach Glück, dass es uns nicht getroffen hat", stellt sie fest.

"Es gibt kein weiter so" Krisen im IT-Bereich sind ihr Spezialgebiet, es ist ihr Naturell, den Dingen auf den Grund zu gehen, alle Eventualitäten und Möglichkeiten einzuberechnen. In Oerlinghausen habe sie sich bewusst für ein älteres Haus entschieden. Die Sanierung haben sie und ihr Mann allerdings nicht so ohne weiteres aus der Hand gegeben. &bdquo;Sie müssen viel recherchieren oder die Richtigen fragen. Es hat gedauert, bis wir die richtigen Handwerker gefunden haben." Wobei nicht alle Arbeiten vergeben werden. Julia Eisentraut ist im Saarland aufgewachsen, ihre Vater war begeisterter Handwerker, also legt auch seine Tochter gerne Hand an. &bdquo;Dafür dauert es dann alles etwas länger", sagt sie mit einem Lachen.

Mit ihrem Mann und ihrer Katze fühlt sie sich in Oerlinghausen längst heimisch. Das Auto überlässt sie ihrem Mann. Mit dem Pedelec fährt sie nach Lemgo, Detmold oder eben auch mal fix nach Bad Salzuflen. &bdquo;Digitale Konferenzen haben die Grünen auch schon vor Corona praktiziert. Aber manchmal ist der persönliche Kontakt besser – und so habe ich den Sport schon erledigt." Außerdem wandert sie gerne, mit Science-Fiction- und Fantasy-Literatur kann sie entspannen. Was sie macht, wenn sie nicht gewählt wird? Kommunalpolitik. Im Rat und im Kreistag will sie sich einbringen, denn die Zukunft gibt es nur, wenn sich jetzt etwas ändert. &bdquo;Es gibt kein weiter so", ist sie überzeugt.

Julia Eisentraut persönlich Julia Eisentraut hat einen Akzent, den man ein bisschen heraushört. Sie stammt aus Schmelz im Saarland. Seit 2018 ist sie Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen und in der Grünen Jugend. Sie ist Beisitzerin im Ortsverband Oerlinghausen, im Kreisverband Lippe engagiert und Sprecherin der Grünen Jugend Lippe. Seit 2019 ist sie Mitglied im Ausschuss für Schule und Kultur als Sachkundige Bürgerin.

Sie promoviert derzeit und ist unteranderem Mitglied der Jungen Akademie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Nach Wohnortwechseln von Saarbrücken über Hövelhof nach München und Cambridge, ist sie 2018 nach Oerlinghausen gezogen. Mit ihrem Mann und ihrer Katze lebt sie in einem Haus aus den 60er Jahren, das zu einem KfW-Effizienzhaus 70 saniert wird.

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